Ist Adresskauf seit der DSGVO komplett illegal?

Die DSGVO wurde vor allem in Hinblick auf den Schutz personenbezogener Daten ins Leben gerufen. Man wollte dem Datensammelwahn von Großkonzernen etwas entgegen setzen. Vor allem das Gebot des Einwilligungsvorbehalts scheint dem Adresshandel das Genick zu brechen. Darf nun niemand mehr Adressen kaufen oder verkaufen, der nicht die Einwilligung der Betroffenen eingeholt hat? Glücklicherweise gibt es eine eindeutige und einige nicht ganz eindeutige Passagen in der DSGVO, die den Adresshandel für Anbieter wie Address-Base weiterhin zulassen.
Freifahrtschein für Firmenadressen?
Wirklich eindeutig ist der Erwägungsgrund 14. Dieser betont explizit, dass juristische Personen nicht durch die DSGVO geschützt sind. Weiterhin erklärt er, dass dies auch für Kontaktdaten juristischer Personen gilt. Eingetragene Vereine, Stiftungen oder Firmen mit Unternehmensformen wie GmbH oder AG unterliegen damit nicht den schützenden Regeln der DSGVO. Selbständige Handwerker, Ärzte oder KGs gehören hingegen zu den Unternehmensformen, die nicht als juristische Personen gelten und damit auch dem Schutz durch die DSGVO unterliegen.
Wie sieht es mit natürlichen Personen aus?
Man könnte den Adresshandel also einfach auf Firmen beschränken, die als juristische Person durchgehen. Allerdings würde man dann den weit größeren Teil der Firmen außen vor lassen. Zum Glück gibt es auch dafür Schlupflöcher in der DSGVO. Basis ist der Erwägungsgrund 47, der Direktmarketing mit einem berechtigten Interesse gleichsetzt. Diese Formulierung kommt dann zum Tragen, wenn man sich den Artikel 6 DSGVO näher anschaut. Im Absatz f) heißt es hier, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten erlaubt ist, wenn ein berechtigtes Interesse das schützenswerte Interesse des Betroffenen überwiegt.
Leider kann zu diesem Zeitpunkt niemand sagen, wie diese Formulierungen vor Gericht ausgelegt werden. Wichtig ist es auf jeden Fall, eine schriftliche Interessenabwägung vorzunehmen, wenn man Adressen kaufen und diese für Werbezwecke einsetzen möchte. Für diese Interessenabwägung ist auf jeden Fall noch der Artikel 9 Absatz 2 e) interessant, weil dieser die Verarbeitung von vom Betroffenen veröffentlichten sensiblen Daten erlaubt. Das sollte dann natürlich auch für weniger sensible Daten wie der veröffentlichten Anschrift gelten.
Wie reagieren Adressanbieter?
Mit Sicherheit kann heute niemand einen Freifahrtschein für Adresshandel jenseits juristischer Personen ausstellen, aber die Zeichen stehen gut, dass zumindest beim Verkauf und Kauf von Firmenadressen ein Auge zugunsten der werbenden Unternehmen entschieden werden könnte. So erklärt es sich auch, dass aktuell keine großartigen Änderungen im Adresshandel spürbar sind. Zwar sind Unternehmen vorsichtiger geworden, aber Adressanbieter haben ihr Angebot bisher nicht merklich angepasst.
Worauf sollte man noch achten?
Auch wenn man sich für die weniger strenge Auslegung der DSGVO und für den Kauf von Adressen entscheidet, darf man das zuvor schon geltende Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb nicht außer Acht lassen. Dieses Gesetz hatte bereits vor der DSGVO auf Bundesebene den Umgang mit Werbeeinwilligungen sehr streng geregelt.
Vor allem die strengen Auflagen für die Nutzung von E-Mail Adressen waren bekannt. Weniger bekannt ist, dass für Telefonwerbung auch bei Firmen ähnlich strenge Regeln gelten. Nur gibt es hier die aufweichende Formulierung, dass die berechtigte Annahme, es könnte Interesse bestehen, ein hinreichender Grund wäre, um auf eine explizite Einwilligung zu verzichten. Postwerbung ist letztlich der einzig sichere Weg, wenn aus dem Anschreiben ein Vermerk über die Herkunft der Adresse hervorgeht. Dieser würde dann auch der Informationspflicht in der DSGVO gerecht.

Autorenprofil
Anett Witke ist für die Address-Base GmbH & Co. KG in den Bereichen Datenschutz und Marketing tätig.
Das Unternehmen verkauft Firmenadressen für Direktmarketingzwecke.
Dem Team von Address-Base ist es besonders wichtig, Kunden ehrlich über die Risiken mit der DSGVO,
aber auch über die Chancen mit Direktmarketing aufzuklären.

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