O. Fischer - pixelio.de

O. Fischer – pixelio.de

Sie kennen die Situation! Das letzte Verkaufstraining war motivierend und lehrreich; das Wissen ist noch frisch und sie sind voller Tatendrang das Gelernte möglichst rasch in die Praxis umzusetzen. Ihre neue Körpersprache wartet nur darauf eingesetzt zu werden, sie achten auf die Mimik und Gestik ihres Gegenübers und in ihrer Vorbereitung auf den Termin haben sie die geübte Fragetechnik wieder und wieder mit allen Möglichkeiten, wie eine Eröffnung beim Schachspiel, in Gedanken durchgespielt. Die Präsentation haben sie entsprechend allen Regeln der Kunst schlüssig und präzise auf die Situation vorbereitet und die Generalprobe vor dem Spiegel war ein Erfolg. Sie beginnen mit ihrer neuen Begrüßungsformel und …

…und es fühlt sich so fremd an! Da will ihnen beim besten Willen auch noch ihre so gut vorbereitete Eröffnungsfrage – natürlich eine offene Frage – partout nicht einfallen. Der erste Einwand ihres Kunden, ihre Chance die neue Technik zur Einwandbehandlung einzusetzen – wie war das noch ein mal? Warten – annehmen – klären und dann darauf eingehen? Oder doch andersrum – die Pause am Ende? Alles scheint aus dem Ruder zu laufen! Sie beginnen zu argumentieren, wehren sich wie ein in die Ecke gedrängtes Tier. Feuern eine Salve an schlagkräftigen Argumenten ab, um den Kunden auf Distanz zu halten – dann schnell in Deckung und Rückzug – hoffentlich ist der Termin bald vorbei und sie können den Besprechungsraum endlich verlassen; zumindest in Würde untergehen. Nach dem Termin sind sie fest davon überzeugt, dass dies der schlechteste Kundentermin in ihrem ganzen Leben war – und das nachdem sie doch alles so geplant haben, wie im Training gelernt. War das Geld für die Schulung am Ende doch verschwendet? Sind sie am Ende nicht lernfähig? Bisher waren sie doch auch erfolgreich. Zweifel plagen sie. Dann sagen sie sich: „Ich hab es gleich gewusst! Never change a running system!“ Bei dem Verkaufstrainer sah das doch so „einfach“ aus! Klar, der hat einfach reden, der hat ja keinen Kunden vor sich – ein Trockenschwimmer!

Doch was jetzt? Zurück zum Standardprogramm? Wieder ins alte Fahrwasser? Eines ist sicher. Verkaufstrainings werden sie in Zukunft meiden, wie der Teufel das Weihwasser!
Verkaufen kann man nicht lernen – entweder man kann es oder man kann es nicht!

Was ist da passiert? Ganz einfach! Sie haben sich aus Ihrer Komfortzone hinausbewegt. Auf „unbekanntes Terrain“, etwas Neues versucht – sie sind „über ihre Grenzen gegangen“! – Und da ist es ganz natürlich, dass sich das unangenehm anfühlt! In dieser Situation haben sie versucht „anders“ zu sein – sie waren nicht authentisch. Das haben sie gespürt – und viel wichtiger ihr Kunde hat das gespürt. War es deshalb ein Misserfolg? Nein! Es war ein Musterbeispiel für eine weitere Lerneinheit in ihrem Verkaufstraining! – Ja und es hat unter Umständen Umsatz gekostet – Lehrgeld eben!

Doch müssen sie jetzt davon ausgehen, dass sie nach jedem Verkaufstraining schlechter verkaufen als vor dem Training? Und wenn das so ist, wie können sie gegensteuern? Nun die Antwort ist relativ einfach. In ihrer Schulung haben sie eine solch große Menge an  Informationen und neuen Methoden kennengelernt, als das sich diese sofort nach der Schulung auf einmal in die Tat umsetzen lassen könnten. Realisieren sie, dass sie nach dem Verkaufstraining mitten in der Lernkurve stehen.

Die Stufen der Lernkurve sind einfach dargestellt:

  1. Sie handeln unbewusst „falsch“ – aber authentisch
  2. Im Training lernen sie diese „Fehler“ und neue Möglichkeiten kennen
  3. In jedem Termin danach handeln sie zumindest bewusst „falsch“ – sie wollen etwas ändern um sich weiterzuentwickeln und erkennen ihre Schwächen.
  4. Mit dem Einsatz der neuen Verkaufstechniken handeln sie dann bewusst „richtig“
  5. Dies fühlt sich eine Zeit lang unangenehm und fremd an – sie bewegen sich aus ihrer Komfortzone hinaus und gehen über ihre Grenzen; sie haben das Gefühl nicht authentisch zu sein!
  6. Nach einiger Zeit und viel Übung haben sie das Gelernte in ihre tägliche Arbeit integriert und handeln bewusst „richtig“
  7. Sie haben nun das Gelernte in ihr Verhalten integriert und ihre Komfortzone erweitert – sie sind wieder authentisch.

Was im eingangs dargestellten Beispiel passiert ist, ist, dass sie versucht haben „zu viel zu wollen“ – gleich beim ersten Termin voller Enthusiasmus ALLES Gelernte auf einmal umzusetzen. Ein Vorgehen, welches sie nicht in die sogenannte „Lernzone“ gebracht hat sondern viel mehr in die „Panikzone“. (siehe Abb. 1)

Zonen
Abb.1

Für den maximalen Lernerfolg muss es somit unser Ziel sein, sich mit dem Einsatz neuer Techniken im Verkaufsgespräch zwar aus der „Komfortzone“ hinauszubewegen – aber nur soweit, um noch in der „Lernzone“ zu bleiben. Dieser Bereich ist dadurch charakterisiert, dass sie zwar neues ausprobieren, aber, und das ist wichtig, sich noch immer  in einem Bereich zu bewegen, der sich authentisch anfühlt. Es spricht auch gar nichts dagegen, neue Methoden an einem vertrauten Kunden auszuprobieren – und dies auch vorher anzukündigen – oder auch mit dem Kunden nach dem Gespräch darüber zu sprechen, wie es ihm im Verkaufsgespräch gegangen ist.

Ein zweiter wichtiger Aspekt ist das schrittweise Vorgehen beim Einsatz neuer Techniken. Ein Führerscheinneuling wird auch nicht gleich nach der Prüfung mit dem Auto auf die Rennstrecke fahren – sondern sich langsam mit den neuen Gegebenheiten anfreunden und Schritt für Schritt sich mit den Abläufen vertraut machen. Muss dieser zu Beginn noch nachdenken, wie das mit Kupplung, Gas und Bremse war – öfters auf den Tacho schauen um die Geschwindigkeit einzuschätzen und sich auch bei jedem Spurwechsel den „3 S – Blick“ in Erinnerung rufen – so gewinnt er aber mit jedem Kilometer Sicherheit und die Abläufe gehen langsam aber sicher in Fleisch und Blut über, bis sie automatisiert sind und er „unbewusst richtig“ handelt. So wie sie mit jedem Kundentermin Sicherheit gewinnen werden.

Deshalb nehmen sie sich nach einem Verkaufstraining Zeit und schreiben sie sich noch einmal alle gelernten Techniken auf ein Blatt Papier auf und machen sie einen Plan. Einen Plan, bei welchem Termin sie welche Technik einsetzen wollen. Gehen sie schrittweise vor, bis sie eine neue Verkaufstechnik verinnerlicht haben – bis sie diese authentisch einsetzen können und nehmen sie sich dann die nächste vor. Seien sie geduldig – die Umsetzung der neuen Verkaufstechniken und die Verinnerlichung brauchen ihre Zeit!

Auch soll nicht unerwähnt sein, dass alle Methoden, die sie in einem Verkaufstraining erlernen, auch zu ihrer Persönlichkeit passen sollen. Manchmal ist es auch richtiger „falsch“, sprich entgegen der Theorie zu handeln – solange sie authentisch bleiben und die Mechanismen kennen und entsprechend ihrer Persönlichkeit abgewandelt einsetzen.

Das schlimmste was sie tun können, ist jedoch es nicht zu versuchen! Das ist der Moment wo sie nichts mehr lernen und sich nicht weiterentwickeln! Denken sie immer daran, dass was sie bis hier her gebracht hat – ist nicht unbedingt das, was sie zu einem neuen, größeren Ziel bringen kann!

In diesem Sinne wünsche ich ihnen viel Erfolg bei der Umsetzung neuer Techniken und viel Spaß beim Lernen und Ausprobieren – nur so entwickeln sie sich weiter und bleiben trotzdem authentisch!

Ihr Herbert Lohner

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